Fördert Spielen in der Natur die Entwicklung der Motorik und Kreativität von Kindergartenkindern?
Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit der Frage, wie das Spielen in der Natur Lebenskompetenzen von Kindern stärken kann. Lebenskompetenzen stärken bedeutet, Selbstvertrauen, Selbstbehauptung, Selbstkompetenz, Kommunikationsfähigkeit und zwischenmenschliche Beziehungen, Konfliktfähigkeit und Frustrationstoleranz, Widerstand gegenüber Gruppendruck, Umgang mit Gefühlen, Stress und Angst, kritisches Denken, Problemlösefähigkeiten sowie Entscheidungs- und Handlungskompetenz zu fördern (WHORundschreiben, 1994). Im unmittelbaren Wohnumfeld der Kinder schwinden natürliche Spielräume, in denen sie unbeaufsichtigt mit anderen Kindern spielen können, zusehends. Die Kinder ziehen sich in die Wohnung zurück, wo Bewegungsaktivitäten wegen Platzmangel und oft auch einem Überangebot von Spielzeug und Medien weniger möglich werden. Um Kontakt zu anderen Kindern zu finden, nehmen sie häufig institutionalisierte Angebote in Anspruch. Durch die zunehmende Institutionalisierung der Kindheit nimmt auch die Bedeutung der kompensatorischen Möglichkeiten von Institutionen zu. Die Stärkung von Lebenskompetenzen ist umso wirksamer, je früher im Kindesalter sie beginnt.
Die Institution, in der Vorschulkinder wohl die meiste ihrer Zeit verbringen, ist der Kindergarten. Immer mehr KindergärtnerInnen gehen mit ihrer Klasse regelmässig in den Wald, um den Kindern einen Spiel- und Lebensraum zu eröffnen, der ihren elementaren Bedürfnissen nach Bewegung, Erkundung und Erforschung, nach autonomer Gestaltung der Spiel- und Handlungsmöglichkeiten und Anregung aller Sinne entgegenkommt. Seit einigen Jahren macht in der Schweiz eine neue Form des Kindergartens von sich reden: der Waldkindergarten. Ein Kindergarten, der das ganze Jahr über bei jedem Wetter draussen stattfindet. Fünfmal pro Woche lässt er Wald, Feld, Wiese und Wasser für eine Schar von 5- 7jährigen Kindern zum Erfahrungs- und Erlebnisraum werden. An drei bis vier Stunden pro Tag erkunden die Kinder in ihrem individuellen Tempo die Natur, erleben die vier Elemente und den Wechsel der Jahreszeiten über alle ihre Sinne, spielen mit Naturmaterial, können ihrem natürlichen Bewegungsbedürfnis nachkommen, üben sich im Umgang mit Pflanzen, Tieren und Menschen.
Die Waldkindergärten richten sich genauso wie die Regelkindergärten nach den allgemeinen Kindergarten-Bildungszielen. Die Bereiche der körperlichen, geistigen und sozial-emotionalen Entwicklung sollen durch das Bewegen in und das Auseinandersetzen mit der Natur, in einer nicht reizüberfluteten Umgebung und im sozialen Miteinander gefördert werden. Natur- und bildungsbezogene Angebote wechseln sich mit dem freien Spiel ab. Neben der Aktivität und der psychischen Widerstandsfähigkeit wird durch den Aufenthalt im Freien auch die körperliche Widerstandsfähigkeit der Kinder gestärkt. Aus diesen Gründen wird der Besuch eines Waldkindergartens als wichtiger Beitrag zur Gesundheitsförderung und Suchtprävention bewertet (Gorges, 2000b, S. 8)…
Sarah Kiener